Endstadium hört sich furchtbar an, aber leider ist es so, dass die Demenz unaufhaltsam fortschreitet, die geistigen Kräfte immer mehr nachlassen. Von einem Spätstadium oder Endstadium spricht man, wenn die Demenz so weit fortgeschritten ist, dass das Gedächtnis und Denkvermögen fast komplett verloren gegangen sind – und dadurch auch die körperlichen Funktionen entscheidend beeinträchtigt werden, was am Ende zum Tode führt.

Was für mich, sowie sicherlich auch alle Angehörigen und Freunde schwierig zu verarbeiten ist: Von der ehemaligen Persönlichkeit von Mamilein,  ist in diesem Stadium kaum noch etwas zu erkennen. Alles das, womit ich und andere meine Mutter verbunden haben, was „eigen“ an ihr war, ist verschwunden. Das ist schwer zu akzeptieren, weil der gegenseitige Austausch für immer beendet ist. Man erinnert sich als Angehöriger noch gut daran, wie es früher war, welche Gespräche es gab, wie oft ich mir noch einen Rat einholen konnte, und nun ist da bloß noch der Körper, ein Gesicht, das kaum noch auf einen reagiert. Wenn man dann noch mal eine Gefühlsregungen wahrnimmt, ist das manchmal nur ein kleiner Trost.

Natürlich möchte ich Mamilein in dieser Situation zur Seite stehen, doch ist allein der Besuch oft schon eine Herausforderung. Die durch die Erkrankung entstandene Situation und die Folgen sind schon schwer genug und belastend. Zum Glück hatten wir rechtzeitig eine Patientenverfügung und die nötigen Vollmachten erstellt und beglaubigt.

Wenn ich es wieder nicht schaffe Mutti zu besuchen, schleicht sich doch häufig das schlechtes Gewissen ein. Allein das warten auf den bevorstehenden Tod des geliebten Menschen ist brutale Realität und holt ein dann wieder ein. Was wenn Mama jetzt stirbt und du warst nicht mehr da? Ist es hart zu sagen das ich mir Muttis Tod wünsche? Nicht weil ich sie loswerden möchte, mehr jedoch für sie selbst. Von Menschenwürde ist in diesem Zustand nicht mehr zu sprechen. Es ist ein Dahinsiechen in einer nicht vertrauten Umgebung.

Demenzkranke Altenheimbewohner sind zudem ideale Opfer. Zu schwach, um sich zu wehren, zu verwirrt, um von unabhängigen Dritten ernst genommen zu werden, wenn sie sich beschweren. Die Angehörigen oft zu weit weg, zu beschäftigt, um sich für sie einzusetzen. Ein Rohstoff, aus dem sich im deutschen Pflegesystem ein Haufen Geld abschöpfen lässt und das nicht nur legal.

Aber zum Glück begehe ich keine wirklichen Schandtaten. Trotzdem hadere ich ständig mit meinem Alltagsgewissen, das mich wie ein strenger Lebenscoach bis in die hintersten Windungen meines Hirns überwacht und mich in Dauerschuld hält. Gegenüber den Liebsten, weil ich gerade keine Lust hatte ins Pflegeheim zu gehen.

„Und doch: So quälend und penetrant wir es auch manchmal erleben mögen, im Grunde ist das Gewissen ein großartiger Teil unserer Psyche. Es sorgt vorausschauend dafür, dass unsere Mitmenschen uns auch weiterhin mögen und wertschätzen. Und es beweist, dass wir uns unserer Schwächen wenigstens bewusst sind. Es hält uns den Spiegel vor und hilft uns, Fehler zu erkennen und wieder glatt zu bügeln.“  Zitat: Oskar Holzberg

Nun feiern wir also das erste Weihnachten ohne Mama, ohne Oma Bethy, eine neue Erfahrung für uns alle.

Ich wünsche euch:
Besinnliche Lieder, manch´ liebes Wort,
manch tiefe Sehnsucht, an trautem Ort.
Manch Gedanken, die voll Liebe klingen
und in unser Herzen schwingen.
Der Geist der Weihnacht liegt in der Luft
mit seinem lieblich, zarten Duft.
Ich wünsche Euch zur Weihnachtszeit
Ruhe, Liebe, Fröhlichkeit!

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