Die Tage von Olaf Scholz als Kanzler sind gezählt, weil er die Ampel weiter nur aussitzen will. Er ist der unbeliebteste Kanzler in der Geschichte der Bundesrepublik. Wird die SPD die Stimmung noch drehen können, wenn sie einen Befreiungsschlag wagt? 
Um Ihr Ansehen und Olafs Amt zu retten, müsste die SPD eine neue Agenda für Deutschland postulieren und sich als Macher für das Finale der Legislatur präsentieren. Es bräuchte einen Aktionsplan, um Kernprobleme in der Migrations-, Haushalts- und Wirtschaftspolitik zu lösen. Sowie den Konflikt in der Ukraine endlich diplomatisch anzugehen.
Die Wähler haben mit dieser Europawahl der SPD den Totenschein ausgestellt. Seit Monaten zeigen die Umfragen, dass die Regierung so unbeliebt ist wie keine zuvor. Die Härte des Wahlergebnisses machte ein „Weiter so“ unmöglich.
Wenn die demokratische Sensorik der Regierung einigermaßen intakt wäre würde Herr Scholz erkennen dass die Deutschen der Ampel die Legitimation auf dramatische Weise entzogen haben.
Jede halbwegs normale Regierung würde Konsequenzen ziehen und der Wählerschaft signalisieren: „Wir haben verstanden.“
Die Integrität einer Demokratie lebt vom offenen Wechselspiel aus Volkswillen und Regierungshandeln. In Frankreich demonstriert Präsident Emmanuel Macron mit seiner Neuwahl-Entscheidung auf besonders konsequente Weise, was das bedeuten kann.
Diesen Mut hat Scholz nicht! Tatsächlich plant er offenbar das Gegenteil. Trotz des wahlweise als „Debakel“, „Denkzettel“ oder „Desaster“ titulierten Ergebnisses zeigt er sich unbeeindruckt, als sei die Wahl ein Bingo-Spiel im Seniorenheim Walddörfer gewesen.
Obwohl er sich in ganz Deutschland demonstrativ auf Großplakaten zur Wahl gestellt hat, duckt er sich wie immer weg.
Am Wahlabend war der Kanzler gar verschwunden, am Tag drauf erklärte er kurz, „wir machen unsere Arbeit, das muss jetzt für alle der Maßstab sein, sich anzustrengen und die Aufgaben zu lösen, vor denen wir stehen“. Im Klartext: Der Kanzler übernimmt keine Verantwortung, will sich weiter durchwurschteln und Krise um Krise aussitzen, weiter einfach alles schnell vergessen.
Die Europawahl war nicht bloß ein Rechtsruck und ein Denkzettel gegen die Regierung. Sie hat die Veränderungen der Republik demaskiert. Wir erleben eine neu Ordnung unserer politischen Kultur in „good old“ Germania. Wenn die Rechtspopulisten und „Remigrierer“ trotz krassester Skandale ganz Ostdeutschland klar dominieren und die Kanzlerpartei sogar bundesweit überholen, wenn der Nachwuchs deutschlandweit eher AfD als Grüne wählt, wenn Arbeiter AfD oder CDU als ihre liebsten Parteien ankreuzen und eine Regierungskoalition nur mit Mühe 30 Prozent erreicht, wenn eine populistische Neugründung sofort stärker wird als die FDP, wenn die Linkspartei verschwindet, die SPD keine Volkspartei mehr ist und in Süd- wie Ostdeutschland an die Fünfprozentmarke herantaumelt – dann erlebt Deutschland einen Achsbruch der alten Bundesrepublik.
Kann Olaf den Karren mit gebrochener Achse noch auf dem Weg halten, wenn wir ihm als seine Genossen die Wahrheit sagen? Ich befürchte dass Nichtstun die rechtspopulistische Welle nur anwachsen ließe.