Seit rund zwei Wochen wird Kreml-Kritiker Nawalny in Berlin behandelt – und genauso lange ringt die Bundesregierung mit der Frage,wie sie auf dessen Vergiftung reagieren soll. Bei Anne Will gerät darüber Diplomatie-Veteran Ischinger mit Linken-Politikerin Dagdelen aneinander.

Die Pipeline Nord Stream 2 soll Erdgas durch die Ostsee von Russland nach Deutschland transportieren. Nur noch etwa 150 Kilometer der insgesamt 2360 Kilometer langen Strecke fehlen. Derzeit ruht der Bau wegen im Dezember 2019 verhängter US-Sanktionen. Doch nun steht die Unterstützung der Bundesregierung wegen der Vergiftung des russischen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny auf der Kippe.

Seit der russische Kreml-Kritiker einem Anschlag mit Nowitschok zum Opfer fiel, wird plötzlich über darüber diskutiert, was selbst aggressivste Drohungen seitens der USA bisher nicht vermochten: Eine Beendigung des Bau der Gaspipeline Nord Stream 2. Sollte Deutschland sich aus dem nahezu abgeschlossenen Projekt zurückziehen?

CDU-Politiker Röttgen hatte sich schon vergangene Woche positioniert und ein Stopp von Nord Stream 2 gefordert. „Was wir erleben, ist die Frage, ob die Europäer gegen dieses menschen verachtende System etwas entgegensetzen“, sagte er bei Anne Will. Nord Stream 2 zu stoppen, sei die Sprache, die Russlands Präsident Wladimir Putin verstehe. Es sei die „Sprache des Geldes, des Gases und der Macht“, so der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages. Zumal es nicht der erste Fall dieser Art sei.

Doch es gibt auch andere Richtungen, die von den Genanten Protagonisten gerne als Verschwörungstheorie abgetan werden.

Linken-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen forderte in der Sendung von Anne Will am Sonntag , jetzt nicht zu hart mit Russland ins Gericht zu gehen. Man solle doch erstmal die Untersuchung des Vorfalls abwarten, sagte sie, und wirkte damit keinesfalls naiv. Dabei beließ sie es nicht – sie deutete an, dass gar westliche Geheimdienste für die Vergiftung infrage kämen, weil diese Berichten zufolge ebenfalls über die Nowitschok-Formel verfügten. Damit reizte sie den Diplomaten Ischinger zum Äußersten: „Ich finde es empörend, wie sie hier Verschwörungstheorien befördern“, sagte er mit leicht erhobener Stimme. Wieso nennt der das eine Verschwörungstheorie? Ist die Grundlage unseres Rechtsverständnis nicht die Unschuldsvermutung und muss zur Aufklärung nicht unabhängig in alle Richtungen ermittelt werden?

Auch Russland hat der Bundesregierung vorgeworfen, die Bemühungen zur Aufklärung des Giftanschlags auf den russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny zu blockieren. Die Bundesregierung hätte demnach nicht auf ein Rechtshilfeersuchen der russischen Staatsanwaltschaft von Ende August reagiert. Man sei deswegen nicht sicher, „ob Deutschland nicht ein doppeltes Spiel spielt“, sagte Sacharowa in Bezug auf die Äußerungen von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD), der von Russland immer wieder Aufklärung gefordert hatte. Die Berliner Justizbehörden hatten den Eingang des Rechtshilfeersuchens der russischen Justiz bestätigt. Die Vergiftung ist in Russland passiert, daher müsse Russland auch für Aufklärung sorgen, doch muss man dann auch die Zeit gewähren die es dauert vernünftig zu ermitteln.

Ein plausibles Motiv der russischen Regierung ist für mich derzeit jedenfalls nicht erkennbar, jedoch haben sowohl Amerika als auch Deutschland durchaus Interessen dafür, Spannungen zu erzeugen und den ewigen Zankapfel zwischen wohlgemerkt Deutschland der EU und Amerika so endlich los zu werden, ein Schelm also wer böses denkt.